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bees Wohnzimmer

Montag, Dezember 10, 2012

Misanthropen

Viele meiner Mitbürger scheinen derzeit schlecht gelaunt zu sein. In letzter Zeit sind mir die folgenden Gegebenheiten passiert:

1. Ich hatte mich mit einer anderen Mutter zum Spazierengehen verabredet. Es schneite (naja, es war eher Schneeregen, also eine ziemlich nasse Angelegenheit). Also kommt das Kind in den Kinderwagen (den akzeptiert es mittlerweile für eine gewisse Zeit, hurra!) und drüber das Regencape (diese schicke Plastikplane) und so sind wir dann losgezogen. Wir sind allerdings nicht besonders weit gekommen, da hatte das Kind dann beschlossen, daß das Regenverdeck doof ist und brüllt los. Und brüllt und brüllt und brüllt. Naja, wegen des Schneeregens war es keine Option, das Kind unterwegs aus dem Wagen zu nehmen. Das brüllende Kind nach Hause schieben? Bis dahin ist es heiser, so nah wars dann doch nicht... also sind wir ins nächstgelegene Café eingekehrt. Wir haben die Anzahl der Gäste dort mal eben ganz locker verdoppelt (die Kinder nicht mitgezählt). Kaum haben wir die Tür hinter uns geschlossen und das Kind aus dem Wagen befreit, hört es auf zu schreien und guckt sich neugierig um (wenn es eins kann, dann ist es neugierig gucken). Da grantelt uns einer der anwesenden älteren Herren an: "Habts ihr nix anderes zu tun?" und wirft uns böse Blicke zu. (Er ist dann tatsächlich kurz drauf gegangen, obwohl weder die Kinder geweint haben noch wir auch nur irgendwie in seiner Nähe saßen.)

Ich habs einfach mal ignoriert.

2. Ich stehe mit dem Kind beim DM vor dem Regal mit den Breigläschen. Das Kind sitzt im Einkaufswagen und guckt rum. Wie gesagt, das tut es gern und ausdauernd. Außerdem freut es sich, daß es so viel sieht, ist ja viel besser als in dem doofen MaxiCosi. Ich suche mir also verschiedene Gläschen aus dem recht breiten Angebot. Neben mir steht eine andere Mutter, die ebenfalls ihr Kind dabei hat, das jedoch ein wenig jünger als das meinige ist und in seinem Kinderwagen schläft. Mein Kind hat was interessantes entdeckt und starrt es an (anstarren kann es auch gut mit seinen großen Kulleraugen). Das interessante ist die andere Mutter, die hat lange blonde Haare. Plötzlich dreht sich besagte Frau um und keift mein Kind an (und das nicht etwa in lustigem, netten Tonfall, sondern richtig vorwurfsvoll keifend): "Was starrst Du mich so an?"

Ich war sehr irritiert und konnte vor lauter Überraschung ob dieses Ausbruchs nur lasch erwidern, daß er halt gerne guckt.

3. Der Höhepunkt der ganzen Woche: ich bin am Samstag vormittag kurz bei Edeka, um die am Freitag beim Einkauf vergessenen Dinge zu besorgen. Unser Edeka ist mehrstöckig, das ist mit Kinderwagen eher unpraktisch, aber es gibt einen - ziemlich langsamen, aber immerhin - Aufzug. Da der so langsam ist, sollte man die Chance nutzen, wenn das Ding grad da und offen ist, wenn man das Stockwerk wechseln möchte. Ich hatte meine Sachen aus dem ersten Stock schon alle zusammengesammelt und brauchte noch was aus dem Untergeschoß, wo ich auch zu bezahlen und den Laden zu verlassen gedachte. Ich sehe: der Aufzug ist grad da, offen und nicht voll. Also biege ich schwungvoll um die Ecke und muß abrupt meinen Schritt verlangsamen, um nicht mit einem Rentner mit Einkaufswagen zu kollidieren. Selbiger bewegt sich, ist aber unüberholbar (nicht wegen der Geschwindigkeit, sondern weil er so mittig im Gang ging). Er strebte aber auch den Aufzug an. Wie gesagt, das Ding ist nicht das schnellste, so daß er es noch erreicht hat, bevor die Türen schlossen. Ich direkt hinter ihm ebenfalls, allerdings habe ich dabei ganz leicht mit einem Rad vom Kinderwagen seinen Schuh gestreift, als er angehalten hat, bevor er den Aufzug betrat. Eigentlich wars nicht mal der Schuh, sondern der Absatz, also nur die Sohle, und ich stand ja auch schon fast. Ich habe mich selbstverständlich sofort entschuldigt. Ich bin ihm aber eigentlich nicht richtig in die Hacken gefahren, wie gesagt, sondern habe ihn nur leicht touchiert. Ehrlich, in der U-Bahn hat man mehr Kontakt zu seinen Mitmenschen als das. Im Aufzug sehe ich dann, daß er einen Stock in seinem Einkaufswagen hat (benutzt hat er den aber nicht beim Gehen). Er grantelt mich an und murmelt was von "Unverschämtheit!"
Ich: "Ja, entschuldigen Sie bitte, ich habe nicht gesehen, daß Sie anhalten."
Rentner: "Ich HABE NICHT ANGEHALTEN! Das ist eine UNVERSCHÄMTHEIT! Wollten Sie mich zu Fall bringen???"
Ich: "Nein, natürlich nicht, und ich habe mich doch jetzt schon zweimal entschuldigt." 
Rentner: "Das ändert es aber nicht!" (Na, dann kann ich das Entschuldigen ja gleich lassen, oder?)
Ich: "Es war doch keine Absicht."
Rentner: "Natürlich war das Absicht! Wollten Sie mich etwa zu Fall bringen? Ja, das wollten Sie doch!"
Ich: "Nein, natürlich nicht."
Rentner: "Das war doch Absicht! Sie wollten doch, daß ich mich verletze! Daß ich stürze und mich verletze! Absicht war das!"
Ich (inzwischen etwas perplex) antworte das, was er hören will: "Ja, genau. Es war Absicht."
Rentner: motzt weiter und weiter und weiter und unterstellt mir, daß ich beabsichtigte, ihn zu Fall zu bringen, damit er sich verletzt.
Ich: ignoriere das (nun, zumindest versuche ich das, eigentlich fühle ich mich schwer verarscht).
Und irgendwann sind wir zum Glück im Untergeschoß angekommen und ich konnte aussteigen. Unten wartete schon eine weitere Frau mit Kinderwagen, um in den Aufzug zu steigen... (die arme!)

Ehrlich, was soll man denn dazu sagen? Im Nachhinein (natürlich! Immer im Nachhinein!) ist mir eingefallen, daß ich hätte sagen können, er solle froh sein, von einem Kinderwagen angefahren zu werden statt von einem Rollator.

Außerdem wisst ihr jetzt, was ich den lieben langen Tag mache: im Edeka harmlosen Rentnern auflauern, um sie vorsätzlich von den Füßen zu holen.

Ehrlich, wurden diese drei seltsamen Menschen als Kind zu wenig geknuddelt oder was???

3 Comments:

  • Löblich, daß Du das Problem des demographischen Wandels gleich von zwei Seiten her aktiv angehst.

    Nee, also mal ehrlich... Diese ...

    *Pfff*

    By Blogger Ute, at 11. Dezember 2012 um 23:06  

  • Diese Blicke kenn ich auch. 'Ich kann ganz lange gucken, ohne zu blinzeln' spielt Baby A dauernd. Gern in Kombination mit 'Ich verziehe keine Miene und beobachte alles, was Du tust'. Und dann diese großen Augen. Little Brother is watching you.

    Da kann man schonmal ins Schwitzen kommen. :-)

    Die gute Frau sollte sich aber mal dran gewöhnen, bestimmt kann ihr Kind das auch bald. Vielleicht war es aber auch so eine 'Ich hasse alle Kinder außer meine eigenen' Tussi. (Immer noch besser als 'Ich hasse alle Kinder auch meine eigenen').

    Echt unmöglich, die Leute. Vielleicht machts der Weihnachtsstress? Stress trifft ja die Rentner immer besonders hart...

    By Anonymous ichbindiegute, at 13. Dezember 2012 um 21:39  

  • 'Was starrst Du mich so an' ist hier im Hause übrigens zum geflügelten Wort avanciert. Baby A's Oma sagt das mindestens einmal am Tag zu Baby A, nachdem ich ihr die DM-Geschichte erzählt habe. (Denn es 'guckt halt gern'.) Aber natürlich sagt die Oma das in freundlichem Ton. :-)

    By Blogger ichbindiegute, at 9. Februar 2013 um 18:40  

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